Das Wasserrad

Wasserrad

Das Wasserrad.: Erinnerungen an meine ersten Lebensjahre sind mir sehr wenige geblieben. Wir wohnten noch in Alt Dischenhagen in dem alten Fachwerkhaus, welches zwischen Winter und der Gärtnerei Bohnenstengel stand. Mein Vater war mit mir an den kleinen Bach gegangen, welcher durch unserem Garten floss. Hier zeigte er mir wie man ein Wasserrad anfertigt. Er installierte es gleich im Bach und ich hatte meine helle Freude daran. Immer wieder staunte ich darüber das sich das Rad unaufhaltsam drehte. Jeden Tag ging ich zum Bach um zu sehen ob alles in Ordnung war und berichtete meinen Eltern ganz stolz das sich das Rad immer noch dreht. Ein paar Wochen später mussten wir das Haus verlassen, weil es baufällig war und abgerissen werden sollte. Wir zogen um nach Lüttmannshagen. Alles hatten wir mit genommen, nur mein Wasserrad hatten wir vergessen. Mein jammern und klagen konnte meinen Vater nicht dazu bringen, mir mein Wasserrad zu holen. Als ich gar nicht aufhörte, bekam ich eine ordentliche Tracht Prügel und war endlich still und zu frieden. Nie mehr habe ich verlangen nach meinem Wasserrad gehabt.

PRÜGEL

Der schnellste Schlitten des ganzen Dorfes

Das Zweite woran ich mich erinnern kann ist: “Der schnellste Schlitten des ganzen Dorfes ”. Es war ein schlimmes Ereignis, welches mir beinahe mein Leben gekostet hätte. Ich war vier Jahre alt und hatte Weihnachten einen Schlitten bekommen, doch er war ganz aus Eisen und ziemlich schwer. Als ich meine Bedenken vorsichtig äusserte das dieser eiserne Schlitten vielleicht etwas zu schwer für einen kleinen Jungen wäre, sagte mein Vater: “ Junge ich habe meine ganze Überredungskunst angewendet damit mir unser Schmied den Schlitten angefertigt hat und was das wichtigste ist, er ist der schnellste Schlitten des ganzen Dorfes. “

Schlitten fahren

An den Weihnachtstagen habe ich meinen Schlitten die Dorfstrasse rauf und runter gezogen und jedem erzählt das ich den schnellsten Schlitten des ganzen Dorfes habe. Weihnachten war vorbei und die Kinder holten mich ab um auf dem Hasenberg zu rodeln. Der Hasenberg war nur ein Baggerloch welches an den Seiten Aufschüttungen hatte und ganz voll Wasser gelaufen war. Das ganze Jahr tummelten sich hier die Hasen, darum nannten wir es den Hasenberg. Im Winter war das Loch zu gefroren, bis auf eine kleine Stelle in der Mitte des Teiches. Alle rodelten bis auf das Eis. Als ich an der Reihe war, bewahrheitete es sich das ich den schnellsten Schlitten des ganzen Dorfes besitze. Er rastete mit mir den Berg hinab, über das Eis und weiter bis kein Eis mehr da war und ich mit samt meinem schnellsten Schlitten im Wasser versank. Als ich wieder auftauchte war über mir die Eischicht durch welcher ich die anderen Kinder sehen konnte. Dieses Bild ist mir bis heute im Gedächtnis geblieben. Das ich noch am leben bin verdanke ich einem etwa 10 jährigem Jungen “ Heinz Gehling “ Geistesgegenwärtig legte er sich auf das Eis ,langte mit dem Arm darunter packte in meine Haare und zog mich aus dem Wasser. Die Kinder legten mich auf einem Schlitten und zogen mich nach Hause. Unterwegs fiel ich noch einige male vom Schlitten in den Schnee. Als wir dann unser zu Hause erreicht hatten nahm mich mein Vater und schlug auf mich ein, bis ich zu schreien anfing. Als ich meinen Vater in späteren Jahren darauf ansprach, sagte er mir das ich ein reiner Eisklumpen war und er aus diesem Grunde auf mich einschlug um mich zu erwärmen und wieder ins Leben zurück zu holen. Als ich 5 Jahre alt war zogen wir wieder zurück nach Dischenhagen.

Geigenspieler

Der Geige spielende Schläger

Kleine Anekdoten aus meiner Schulzeit. Schulleiter Ewald unterrichtete die Klassen 5-8. Die Klassen 1-4 wurden von Lehrer Habeck unterrichtet. Dieser Habeck war: “ Der Geige spielende Schläger “. unseres Dorfes. Er war ein sehr jähzorniger Mensch, der aber auch ein leidenschaftlicher guter Geigenspieler war. Während des Musikunterrichts spielte er auf seiner Geige und wir mussten dazu singen. Sang einer nicht mit so schlug er ihm mit dem Geigenbogen auf den Kopf. Als ich einmal das Lied nicht konnte und nicht mitsang, bekam ich das natürlich gleich zu spüren. Ich machte mit dem Kopf noch schnell eine kleine Ausweichbewegung, die aber nicht viel nutzte. Er traf zwar nicht meinen Kopf aber dafür mein Ohr, was vielmehr schmerzte als auf dem Kopf. Im ersten Moment glaubte ich er hat mir das Ohr vom Kopf abgetrennt. Als ich mit der Hand nach meinem Ohr tastete um festzustellen ob mein Ohr noch da wäre, bekam ich einen zweiten Schlag der meine Finger traf. Eine weitere Bewegung meiner Hände wagte ich nun nicht mehr, da mir die Schmerzen die ich jetzt hatte, voll auf genügten. Nach diesem Ereignis schwor ich mir, nie im Leben eine Geige anzufassen. Diese Art Geige zu spielen sagte mir gar nicht zu.

Das Alphabet rückwärts

Die nächste schlechte Erfahrung die ich mit Lehrer Habeck machte, war noch im ersten Schuljahr. Wir mussten das A. B. C. auswendig lernen. Für uns Kinder zwischen 5 und 6 Jahren war das natürlich eine Kleinigkeit, wo gegen es heute noch viele Erwachsene gibt die das Alphabet immer noch nicht beherrschen. Ich hatte fleissig gelernt und war mir meiner Sache 100 % sicher. Einer nach dem Anderen musste am nächsten Tag das A B C aufsagen. Einer gut der Andere weniger gut und die meisten Kinder stotterten es so leidlich herunter, nur ich kam nicht ran. Warum hatte ich nur so fleissig gelernt und meine ganze Freizeit dafür geopfert ? Plötzlich als ich so in Gedanken versunken war, rief Habeck meinen Namen mit einer ganz besonderen Betonung: “ Voigt du sagst das A B C jetzt rückwärts auf ”. Ich wusste wohl das der letzte Buchstabe ein “ Z “ ist. Also fing ich auch gleich damit an und dann ging es los, überlegen, stottern, überlegen und weiter stottern. Weit bin ich nicht gekommen als der Geige spielende Schläger mit dem Rohrstock in der Hand auf mich zu kam, mich über die Bank zog und dann fürchterlich auf mich einschlug, bis mein Rücken grün und blau war. Da ich keinen Ton von mir gab, glaubte er vielleicht das er mich tot geschlagen hat und hörte deshalb auf. Vielleicht hatte er auch keine Kraft mehr in den Armen und hatte sich in seinem Jähzorn übernommen.

Alphabet
HABECK

Die Gerechtigkeit

In jeder Familie hat ein Elternteil die Hosen an. Bei uns war es unsere Mutter. Als meine Mutter mich nach der Schule sah, wusste sie sofort das etwas mit mir nicht stimmte. Als sie mich berührte und ich aufschrie, zog sie mir mein Hemd aus, behandelte meine Wunden, sprach kein einziges Wort und ging sofort zur Schule. Sie ging in die Klasse, nahm den Rohrstock an sich und wollte den Lehrer Habeck der über dem Klassenzimmer im ersten Stock wohnte sprechen. Dieser Geige spielende Schläger hatte aber beobachtet was meine Mutter tat. Er verriegelte seine Wohnung und lies meine Mutter nicht rein. Ich glaube er fürchtete sich davor, dass er jetzt an der Reihe wäre gezüchtigt zu erden und hatte sich aus lauter angst eingeschlossen. Da wir zur Schule nur über die Strasse zu gehen brauchten, hatte auch mein Onkel Robert dis mitbekommen und gesellte sich eiligst zu meiner Mutter. Sie sahen wie sich hin und wieder die Gardinen bewegten, also war der Schläger doch zu Hause. Die Fäuste geballt, zum Fenster des Geige spielenden Schlägers hochblickend stiess mein Onkel laute Flüche und Verwünschungen aus und drohte ihm zu verprügeln und alle Knochen im Leib zu brechen. In den folgenden drei Jahren die ich noch von diesem Lehrer unterrichtet wurde, hat er mich mit grossem Respekt behandelt und war immer nett und freundlich zu mir.

Meine Mutter und Onkel Robert

Vor der Schule

Auf dem rechten Bild bin ich mit meiner Schwester Irmgard 1933 auf dem Schulhof

Irmgard und Günter

Lehrer Ewald auf dem Sportplatz Dischenhagen

Ewald Nr.1

Wir hatten auch das beste Fahrrad der Welt

Fahrrad fahren lernte ich auf meinem Vater seinem alten Fahrrad. Dieses Monstrum hatte noch keinen Freilauf, nur eine starre Achse. Hatte man einmal fahrt aufgenommen, war man verdammt dazu, immer in Bewegung zu bleiben. Da es ausserdem zu gross für mich war und ich nicht auf dem Sattel rauf kam, musste ich das rechte Bein unter der Querstange durch den Rahmen führen um auf beide Pedalen überhaupt stehen zu können. Es ging auch alles gut, ich wurde immer sicherer und wollte allen Dorfbewohnern zeigen das ich Fahrrad fahren konnte. Schneller und schneller raste ich die Dorfstrasse rauf und runter. Als ich die Höchstgeschwindigkeit erreicht hatte, rannte mir ein Huhn vor das Rad. Bremsen hatte dieses sogenannte Rad noch keine, man konnte nur mit den Pedalen bremsen. Da ich mit dem einen Fuss von der Pedale gerutscht war, ging die Fahrt weiter. Ich wurde auf der einen Pedale stehend hoch und runter geschleudert, verlor die Gewalt über dieses Stahlross und fuhr geradeaus in Kell seinen Gartenzaun. Christel Kell die mich gesehen hatte kam sofort angelaufen, hob mich hoch und brachte mich nach Hause. Da ich mit dem Kopf auf den Lenker gefallen war, kam ich blutüberströmt nach Hause. Dieser Lenker kannte auch noch keine Handgriffe. Meine Mutter klebte mir ein Pflaster auf die Wunde und ging das Fahrrad holen. Benutzt habe ich dieses Fahrrad nie wieder.

Fahrrad

Bad Stepenitz

Als ich endlich ein altes eigenes Fahrrad bekam, war ich glücklich. Es hatte sogar einen Freilauf und Bremsen. Wir fuhren mal nach Gollnow zum einkaufen oder nach Stepenitz zum baden. Eine Fahrt nach Stepenitz ist mir noch gut in Erinnerung geblieben. Auf halber Strecke platzte mir der Schlauch, also Flickzeug raus und den Schlauch reparieren. Die gesamte Strecke betrug 17 Km. Die Mutter hatte uns einen Groschen mit gegeben, dafür kauften wir uns jeder einen Brausewürfel. Dieser wurde dann in eine Flasche getan, die dann mit Wasser gefüllt, verschlossen und kräftig geschüttelt wurde. So hätte sich jeder seinen Durst stillen können denn es war an diesem Tag sehr heiss. Als ich trinken wollte machte ich einen katastrophalen Fehler. Vor dem öffnen der Flasche schüttelte ich diese noch einmal kräftig durch. Was dann geschah, war mit einem Weltuntergang zu vergleichen, Mit der Urgewallt eines Vulkans schoss der Flascheninhalt heraus und es blieben mir nur ein paar Tropfen um die Lippen anzufeuchten. Um meinen Durst zu stillen suchte ich die nächste Pumpe auf und trank gesundes klares Wasser.

Das Kurhaus in Bad Stepenitz

Stepenitz

Der Strand von Stepenitz

Stepenitz Strand

“ Haumichblau “

Bevor ich diese kleine Anekdote erzähle muss ich zurückgreifen auf eine Begebenheit, die sich einige Tage zuvor ereignet hatte. Auf unserem Sportplatz war wieder mal Schützenfest gewesen, also ging ich hin um im Schiessstand nach Blei zu suchen. Dieses Blei benutzte ich immer um es zu schmelzen und Bleisoldaten zu giessen. Ich hatte von meinem Vater einige Formen geschenkt bekommen, die er von Stettin mitgebracht hatte. Waren die Formen gegossen und abgekühlt, malte ich die Figuren auch noch an. Jetzt aber zurück zum Sportplatz. Ich hatte genug Blei gefunden und ging mit gesenktem Kopf über dem Platz, als ich im Gras ein blinken und glitzern sah. blieb ich stehen, bückte mich und hob ein Geldstück auf. Es waren 5 (fünf) Reichsmark. Ich konnte es gar nicht fassen, so viel Glück an einem Tag. Im gleichen Moment hörte ich eine Stimme neben mir “ was hast du da gefunden? “ Vor mir stand Karl Wilke, ich war erleichtert denn ich kannte Karl sehr gut. Ich erzählte ihm das ich eine Münze gefunden hätte. Neugierig sagte er “ zeig doch mal “ Ich gab ihm die fünf Mark Münze und er strahlte mich an; “ Du hast aber Glück gehabt, ich kann dein Glück noch erweitern indem ich dir zwei Münzen gebe und diese eine behalte. ” Sprach es, setzte sich auf sein Fahrrad und fuhr davon. Als ich mir die Münzen ansah die er mir gegeben hatte, musste ich feststellen das er mich reingelegt hatte denn ich hatte jetzt nur zwei einzelne Markstücke in der Hand. Was sollte ich schon machen, Karl war einige Jahre älter und einen ganzen Kopf grösser. Als ich Karl ein paar Tage später wieder traf, sagte ich ihm das er mich betrogen hat. Karl tat als wenn er es bereute, zog einen Groschen aus der Tasche und sagte mir das er im Augenblick nicht mehr hat aber ich sollte doch für ihm zu unserem Kaufmann gehen und für das Geld Haumichblau kaufen. Ich ging also auch rein und sagte zu unserem Kaufmann Heinrich Becker, ich möchte für einen Groschen Haumichblau. Heinrich guckte einen Moment verdutzt zu mir rüber und sagte nach einem kurzen Augenblick, warte einen Augenblick ich bin gleich zurück. Sprach es und verschwand. Einen Moment später erschien er wieder und hatte einen Stock in der Hand. Im gleichen Moment begriff ich das mich Karl zum zweiten Mal reingelegt hatte, ich hatte dem Kaufmann gebeten mich für einen Groschen “ Hau mich blau “ zu geben. Fluchtartig lief ich aus dem Laden. Karl stand draussen und lachte aus vollem Hals. Ich rannte an ihm vorbei und verschwand in unserem Haus. Den Karl hörte ich draussen noch rufen er wolle seinen Groschen wieder haben, diesmal war ich in einer besseren Position, den Groschen hat er nicht wieder bekommen.

mein Geld

Erntezeit

Mir ist nicht der genaue Wortlaut des Jugendschutzgesetzes aus meiner Jugendzeit bekannt. Bekannt ist mir aber auch nicht ob unsere Eltern überhaupt wussten das es so ein Gesetz gab. Wie schon zu Anfang gesagt, unsere Gemeinde lag auf einem freien stück Land das rundherum von Wäldern umgeben und von der übrigen Welt abgeschnitten war. Wollte man diese Einsamkeit einmal verlassen, konnte man dieses entweder mit der Eisenbahn oder auf der Strasse in Richtung Stettin oder Cammin machen. Warum sollten wir dies eigentlich tuen? Es kamen ja manchmal Bekannte oder auch Verwandte aus anderen Dörfern zu uns. Der Fischhändler aus Stepenitz, der Bäcker und der Obsthändler kamen auch alle 14 Tage in unser kleines Dorf. Manchmal kamen auch die Zigeuner zu uns und lagerten mit ihren Wagen im Wald. Langeweile kannten wir auch nicht, da wir immer mit Arbeit geradezu überschüttet wurden. Im Garten Unkraut jäten, Gänse und Enten zum Bach treiben, Kühe auf die Weide treiben und bis zum abend hüten, um sie dann wieder nach hause in den Stall zum melken zu bringen. Kam die Sommerzeit, wurden wir wieder mit eingeplant. Ob es bei der Heuernte, Kornernte oder Kartoffelernte war, immer waren wir dabei. Wurde das Heu eingefahren, mussten wir das Heu auf dem Boden festtreten. Bei der Kornernte trugen wir die Garben zusammen und stellten sie in Stiegen auf. Beim Kartoffel buddeln krochen alle auf knien, den Krätzer schwingend über den Acker. Die Erwachsenen nahmen zwei Reihen und wir Kinder mussten eine Reihe ausmachen. Nach dem Jugendschutzgesetz fragt niemand.

ERNTEZEIT

Kühe hüten

Nach der Heuernte wurden wir zum Kühe hüten eingeteilt, welches uns viel Freude bereitete, da es ja mit spielen verbunden war. Die Kühe wurden aus dem Stall gelassen, durch das Dorf getrieben, in Richtung Hammer, über den Gubenbach, am Schlossberg vorbei, rechts durch den Wald bis auf die Weide. Dies war auch gleich unser Treffpunkt mit anderen Kindern. Zusammen spielten wir dann meistens Trapper und Indianer. Aus Weidenruten machten wir uns Flitzebögen ( Pfeil und Bogen ) verschwanden im Wald und tobten ausgelassen. Unsere Hunde hatten wir bei den Kühen gelassen. Einmal sind uns die Hunde aber nach gekommen und als wir abends zur Weide zurück kamen waren die Kühe schon auf dem Weg nach Hause. Wir sind hinterher gelaufen und haben sie am Schlossberg wieder eingeholt. Es war spät genug, die Euter waren voller Milch und die Kühe wollten gemolken werden.

Beim Kühe hüten von links nach rechts: mein Bruder Gerhard, daneben sitze ich. Neben mir Hans Götsch aus Neu- Dischenhagen und der vierte im Bunde war Martin Stapel aus Lüttmannshagen

Kühe hüten

Der Schwanz des Teufels

War der Sommer vorbei und die Winterabende wurden immer länger, sassen wir abends in dem mollig geheizten Wohnzimmer und spielten meistens Karten. Oft kamen Onkel und Tanten, Cousins und Cousinen zu uns und wir spielten: ”Hund aus der Hand ” Da es in unserem Dorf aber noch kein elektrisches Licht gab, steckte die Mutter abends die Petroleumlampe an, deren Lichtschein gerade für die Tischfläche ausreichend war. Das Übrige des Zimmers lag im dunkel und war nur schemenhaft zu erkennen. Als Kinder fürchteten wir Kinder uns ganz gewaltig, weil die Alten immer Schauergeschichten vom Spuck und dem Teufel erzählten. Wir machten uns vor angst bald die Hosen voll. Eines abends als wir wieder gemütlich beisammen sassen und Karten spielten, die Alten Glühwein tranken, durfte mein Cousin Richard auch mitspielen. Er war überglücklich, aber den Alten nicht gewachsen. Ich glaube heute, die haben nur einen dummen gesucht der immer verlieren konnte. Als Richard nach mehreren verlorenen Spielen wieder ein schlechtes Blatt hatte und es feststand das er wieder verlieren würde, lies er eine Karte in seine Hosentasche verschwinden so das es nie zu einem Ende kommen konnte. Die Alten merkten aber bald das eine Karte fehlte. Meine Mutter nahm die Lampe in die Hand, leuchtete erst unter den Tisch dann wurde das ganze Zimmer ohne Erfolg abgesucht. Da sagte meine Mutter ganz trocken: “Ik glöw do hät de Düwel sien Schwanz drup deckt” (Ich glaube da hat der Teufel seinen Schwanz drauf gelegt) Richard bekam es mit der Angst, zog die Karte aus seiner Tasche und lies sie heimlich auf den Fussboden fallen. Meine Mutter die das aber bemerkt hatte, hob die Karte auf und sagte nur: “oh jetzt hät de Düwel sien Schwans wechtrocke.” Oh jetzt hat der Teufel seinen Schwanz weggezogen. Die Karte war wieder da, Richard hat danach keine Karten mehr angefasst weil er vor dem Teufel gewaltige angst hatte.

Skat

Von Kreuzottern und anderen Schlangen.

Da wir den ganzen Sommer immer barfuss liefen, (Nur Sonntags wenn wir in die Kirche gingen zogen wir uns Schuhe an) auch wenn wir die Wälder durchstreiften, fürchteten wir uns weder vor Schlangen oder anderem Getier. Wenn es im Unterholz zischte wussten wir das eine Schlange in unserer Nähe war. Die meisten Schlangen die es bei uns gab waren harmlose Blindschleichen oder Ringelnattern. Es gab aber auch an bestimmten Stellen viele Kreuzottern. Blindschleichen und Ringelnattern benutzten wir um bei den Mädchen Eindruck zu schinden. Hatten wir welche gefunden, steckten wir uns diese in die Hosentasche und gingen ins Dorf zurück. Trafen wir ein paar Mädchen die zusammen standen und sich unterhielten, gingen wir zu ihnen zogen heimlich die harmlosen Tiere aus der Tasche und liessen sie zwischen die Mädchen fallen. Schreiend und schimpfend liefen sie auseinander als ob der Teufel hinter ihnen war. Wir hatten mal wieder unseren Spass gehabt. Mit den Kreuzottern konnten wir uns so etwas nicht erlauben diese gefährlich giftig waren. Meistens wenn wir Kühe hüteten hatten wir zeit genug um in den Wald zu gehen und nach ihnen zu suchen. Fanden wir eine, so schnitten wir uns einen etwa 1,5 m. langen Stab mit einer Gabel an einem Ende ab und versuchten die Schlange damit hinter dem Kopf zu packen und auf den Boden zu drücken. Danach war es leicht, den Kopf der Kreuzotter ungefährdet zu fassen und ihr so lange in einen Gegenstand beissen zu lassen, bis sie ihr ganzes Gift verspritz hatte. Einmal nahmen wir auch eine Kreuzotter mit und gaben sie unserem Lehrer, der sie in ein grosses Glas, gefüllt mit Alkohol legte, um sie im Unterricht den Kindern zu zeigen.

BLINDSCHLEICHE

Körperreinigung

Badezimmer die heute in jedem Haus zu finden sind, gab es in meiner Jugend nur in der Grossstadt und auch nur bei reichen Leuten. Es gab ja bei uns im Dorf noch nicht einmal eine Wasserleitung. Auf dem Hof hatten wir einen Brunnen ausgehoben, eine Pumpe darauf gestellt und holten hier unser Trink und Gebrauchswasser. Unsere Mutter machte auf unserem Herd, der in der Küche stand und selbst gemauert war, ein Feuer und goss das heisse Wasser in eine grosse verzinkte Wanne. ( Stucktien) Alle Kinder wurden nacheinander in die Wanne gesetzt und von Kopf bis Fuss abgeschrubbt. In den Sommermonaten mussten wir selbst für unsere Körperreinigung sorgen. Wir nahmen Handtuch und Seife und marschierten zum Gubenbach. An der Bleiche die unsere Badestelle war, sprangen wir ins kalte Wasser und seiften uns gegenseitig ein. Oh es war verdammt kalt denn unsere Badesaison begann meistens schon zu Ostern. Hier im Gubenbach machten wir auch unsere ersten Schwimmübungen. Zuerst strampelten wir nur mit den Füssen um uns über Wasser zu halten. Hatten wir genug Wasser geschluckt und die Angst vor dem Ertrinken überwunden, konnten wir mit der zweiten Art des Schwimmens beginnen. Das ging so von statten, wir sprangen ins Wasser und begannen mit Hände und Füsse zu paddeln. ( wie unsere Hunde es taten) Diese Art zu schwimmen nannten wir darum auch Hundepaddeln. Später lernten wir natürlich auch richtig schwimmen.

Unsere Badestelle im Gubenbach an der Bleiche

BLEICHE-BADEN

Der Führer spricht

Das es keine Wasserleitung in unserem Dorf gab hatte ich schon erwähnt, dass es aber ausserdem auch keinen elektrischen Strom gab, war ein klein bisschen rückständig, der übrigen Welt gegenüber. Unsere Mutter wollte aber unbedingt ein Radio haben um Sonntagsfrüh um 6 Uhr das Hamburger Hafenkonzert zu hören. Dieses aus gutem Grund, unser Vater war Seemann und hatte die Möglichkeit innerhalb dieser Sendung Grüsse nach Hause zu schicken. Die Mutter fuhr also kurz entschlossen nach Gollnow, welches 12 Km von uns entfernt war und brachte gleich ein Radio mit. Der Monteur kam gleich hinterher und montierte eine Hochantenne von 12,5 m Länge zwischen zwei 6 m hohen Masten, schloss eine Autobatterie als Stromquelle an und ein Weltwunder war geschehen. Laute Musik erfüllte unser Wohnzimmer. Wir Kinder konnten nur staunen, denn wir standen plötzlich mit der ganzen übrigen Welt in Verbindung. Da wir jetzt Radio hatten, sprach uns unser Bürgermeister an und sagte uns das wir auch die Nachbaren mit hören lassen sollten wenn der Führer spricht. Eines Tages war es dann soweit, es kamen auch einige und wollten die Rede des Führers mit hören. Als es anfangen sollte, sagte meine Mutter plötzlich ; “ es tut mir sehr leid, aber der Akku ist leer und der Günter muss erst nach Hammer fahren und die Autobatterie wieder aufladen lassen!” Alle zogen enttäuscht von dannen. Ich legte die Batterie auf meinen Fahrradgepäckträger und fuhr zur Mühle, sagte dem Müller er möge doch bitte unsere Batterie wieder aufladen. Er klemmte die Batterie an, guckte mich so komisch an und sagte nur :”die Batterie ist ja eigentlich noch voll, aber wir können sie ja noch etwas nachladen. ” Plötzlich war er ganz freundlich zu mir und bot sich an mit mir einen Rundgang durch die Mühle zu machen. Nach 2 Stunden sagte er dann,:” auch ich konnte vor lauter Arbeit nicht die Rede unseres Führers lauschen, grüsse deine Mutter schön von mir!” Als ich mit der Batterie zu Hause ankam, war die Rede leider schon beendet. Onkel Wilhelm und Tante Emma waren noch da geblieben und so sagte meine Mutter zu mir:” warum hat das denn so lange gedauert, jetzt ist die Rede leider vorüber! ” Das eigenartige an dieser Sache ist, dass die Batterie immer leer war wenn der Führer sprach. Die, die auf die Rede gewartet hatten waren am schimpfen und meine Mutter hatte ein heimliches hintergründiges Lächeln im Gesicht. Heute weis ich das meine Mutter das mit Absicht so eingerichtet hatte.

Meine Mutter Renate Voigt

MAMA

Die Wassermühle in Hammer

HAMMERMUHLE

Korn dreschen

Waren Roggen, Weizen und Hafer von den Feldern eingefahren, musste das Korn gedroschen werden. Da wir ja keinen elektrischen Strom in unserem Dorf hatten, musste von Hand gedroschen werden. Die kleinen Köters ( Kleinbauern) benutzten noch einen Flegel. Onkel Robert hatte sich ein Rosswerk bauen lassen, es war eine sehr einfache aber doch wirksame Konstruktion. Ein ca. 6 m. langer Baumstamm, der wagerecht, in der Mitte auf einem ca. einem m. langen senkrechten Stamm lag und am unteren Ende über Kegelräder eine Antriebswelle drehte, war das ganze Geheimnis. Am Ende der Antriebswelle wurde dadurch eine Riemenscheibe in Bewegung gesetzt. Da wiederum wurde ein Flachriemen aufgelegt und mit der Riemenscheibe an der Dreschmaschine verbunden. Jetzt wurden an einem Ende des 6 m langen Baumes zwei Pferde angespannt und dann ging es den ganzen Tag immer im Kreis herum. Diese Arbeit mit den Pferden war Aufgabe der Kinder. Von morgens bis abends gingen wir und die Pferde immer im Kreis herum. Manchmal knallten wir mit der Peitsche oder setzten uns auf den Baum und fuhren Karussell, damit wir wenigstens etwas Abwechslung hatten und nicht mit den Pferden stehen blieben. Denn wenn das passieren sollte, stand auch die Dreschmaschine und für uns würde es dann ein heiliges Donnerwetter geben. Erst 1937 bekamen wir elektrischen Strom in unserem Dorf. Wasserleitungen gibt es heute noch nicht. Arbeiten mussten wir Kinder eigentlich immer, aber wir kannten es nicht anders und waren sogar sehr glücklich und stolz auf unsere Leistung weil sie immer Erfolg brachte. Im Gemüsegarten Unkraut jäten, abends im Garten alles giessen, Feuerholz für den nächsten Winter sägen und spalten und in Mieten aufstapeln war selbstverständlich. Schnitt die Mutter den Weisskohl um Sauerkraut zu machen, mussten wir Kinder mit unseren Füssen barfuss in das Fass steigen und das Kraut stampfen. Zuletzt kam ein Deckel auf das Kraut und wurde mit einem Stein beschwert. Trotz der vielen kleinen Aufgaben die auf uns Kinder zu kamen, war es eine schöne und sorgenfreie Jugendzeit. Sonntags wenn die Arbeit ruhte, wurde oft gemütlich auf dem Hof beisammen gesessen und lebhaft diskutiert. Gedanken wurden ausgetauscht und viele Geschichten erzählt, die nicht immer der Wahrheit entsprachen. Besonders wenn Alkohol im Spiele war

Das ist so ein Holzstapel auf unserem Hof

Sonntag auf dem Hof. Ganz links Onkel Robert ganz rechts Tante Ida. Neben ihr sitzend meine Mutter. daneben stehend Richard und Reinhard Voigt und Gerhard Höfs.

HOLZSTAPEL
HOFPARTY

Anekdoten

Pommerland ist Heimatland

Friedhof Dischenhagen

Anekdoten3

Anekdoten2